kNOw HATE CRIME

Die Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements und der bürgerschaftlichen Courage im Bereich der Hasskriminalität ist Ziel des Projekts „kNOw HATE CRIME!“, das die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e.V. (tgbw) landesweit umsetzt.

Zusammen mit Expertinnen und Experten aus dem Themen- bzw. Arbeitsfeld „Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit“ und Betroffenengruppen (LSBTTIQ, Behinderung, Muslime, Juden, Migration, Obdachlosigkeit, PoC, Geflüchtete, Sinti/Roma, Frauen und Demokratiezentrum BW) wird ein landesweit aktives „Aktionsnetzwerk gegen Hate-Crime“ als zivilgesellschaftlicher Beitrag zur Prävention im Bereich Kriminalitätsbekämpfung aufgebaut und durch eine Werbekampagne bekannt gemacht.

Ein besonderer Schwerpunkt des Projekts sind EU- bezogene operative Aktivitäten und fachliche Austausche über die Entwicklung rechter Umtriebe, etwa durch Arbeitstreffen mit Organisationen der Antidiskriminierungsarbeit und des Opferschutzes, sowie der Polizei aus Frankreich und der Schweiz.

Weiterbildung

Wesentlicher Bestandteil des Projekts „kNOw HATE CRIME!“ ist eine Weiterbildungsreihe mit 8 Modulen und vier Vertiefungsmodulen.

Die Grundlagenschulung möchte Personen, die in ihrer Arbeit, ihrem zivilgesellschaftlichen Engagement oder durch ihre Zugehörigkeit zu einer potentiellen Betroffenengruppe mit menschenverachtenden Einstellungen, Benachteiligungen und Anfeindungen konfrontiert werden (könnten), informieren und ihnen Handlungsoptionen aufzeigen.

Expert_innen aus unterschiedlichen Fachbereichen stellen in insgesamt acht Modulen (mit jeweils vier Zeitstunden) verschiedene Facetten von Hasskriminalität vor und informieren über Beratungsansätze und –angebote. Neben der Vermittlung von fachlichem Wissen wird auch der kollegiale Austausch der Teilnehmenden untereinander gefördert. Ein besonderer Fokus liegt hierbei auf der eigenen Stärkung sowie dem Empowerment potentieller Betroffenengruppen.

Das Angebot richtet sich explizit auch an Haupt- und Ehrenamtliche aus Migrant_innenorganisationen, Studierende oder fachfremde Personen, wie beispielsweise Mitarbeiter_innen von Sicherheitsunternehmen in Flüchtlingsunterkünften.

Die Grundausbildung „kNOw HATE CRIME!“ setzt sich aus 8 Modulen zusammen.

Hier finden Sie den Programmflyer.

Background

Hasskriminalität ist heute auch in Deutschland eine große Herausforderung. Bei diesen Straftaten erleben einzelne Personen und Bevölkerungsgruppen Hass und Gewalt allein deshalb, weil sie von Mitmenschen als „fremd“ oder „anders“ eingestuft, mit Vorurteilen belegt und als Bedrohung dargestellt und wahrgenommen werden. Als Merkmale dienen dabei etwa (zugeschriebene) Religion, Hautfarbe, ethnische Herkunft, sozialer Status, Behinderungen, sexuelle Orientierungen…

Der Begriff Hasskriminalität – aus dem amerikanischen „Hate Crime“ – weitet die bislang in Deutschland bekannte Sichtweise und Kategorisierung von politisch motivierter Kriminalität erheblich aus. Während es bei PMK links oder PMK rechts um die politische Haltung der Täter geht, sind bei Hassverbrechen die Opfer oder Opfergruppen der vorurteilsgeleiteten Taten im Blick. Im Mittelpunkt steht nicht die politische Ideologie oder Staatsgefährdung, etwa bei Tätern mit rechtsextremen Einstellungen, im Mittelpunkt steht hier die Wirkung der Straftaten gegen Menschen aufgrund deren Gruppenzugehörigkeit und die Rückwirkung der Taten auf die gesamte soziale Gruppe oder die gesamte Gesellschaft.

Denn: Unter den verheerenden Folgen von Hasskriminalität leiden natürlich in erster Linie die betroffenen Menschen. Es leidet aber auch deren Umfeld, die jeweilige soziale Gruppe – und letztlich trifft Hasskriminalität als soziales Problem unsere gesamte Gemeinschaft.

„kNOw HATE CRIME!“ lautet der programmatische Titel des Projekts, mit dem die Türkische Gemeinde in Baden-Württemberg e.V. (tgbw) das Problemfeld aufzeigen und präventiv behandeln möchte. Für das geplante Bündnis gegen Hass, das in Baden-Württemberg entstehen soll, sind drei Säulen angedacht.

  • Eine öffentliche Kampagne

Die Kampagne unter dem Titel „Kein Hass im Ländle!“ soll ein sehr offenes Format sein, so dass sich vielfältige Gruppen mit vielfältigen Aktionsformen einbinden können. Ein Vorbild für diese Kampagne gab es bereits in Baden-Württemberg: nach den rassistischen Übergriffen von Hoyerswerda (Sept.1991), wurde die Kampagne „Kein Hass im wilden Süden“ gegründet, eine der größten antirassistischen Aktionen in Deutschland.

Ziel der Kampagne soll es sein, die demokratischen, zivilgesellschaftlichen Kräfte zu bestärken und deutlich zu zeigen: die Gegner des Hasses sind nicht allein! In die Kampagne sollen lokale und überregionale Medien eingebunden werden, so dass auch die zahlreichen Vor-Ort-Initiativen gegen Rechts und Projekte in Vereinen, Schulen und Gemeinden gestärkt und vernetzt werden.

Sie alle sollen angeregt werden, als Reaktion auf Chemnitz und andere Übergriffe selber aktiv zu werden, durch vielfältige Ideen, Aktionen, Musik, Texte, Kunst etc.

  • Ein Bündnis für Demokratie und gegen Hass, Rassismus und Gewalt

Es gibt zahlreiche Organisationen in Baden-Württemberg, die sich für Demokratie und Menschenrechte und gegen Hass, Rassismus und Gewalt einsetzen. Notwendig ist jetzt, dass sie alle stärker wahrgenommen werden und ihr präventives Potential sichtbar machen. Deshalb regen wir an, dass sie sich zu einem landesweiten Bündnis der Zivilgesellschaft zusammenschließen, eine breite Vernetzung erreichen und sich klar und unüberhörbar gegen den Hass stellen. Die Zivilgesellschaft in unserem Land darf sich nicht als „von links gesteuert“ abwerten lassen. Vielmehr muss sie jetzt deutlich machen, dass sie den Freiraum der Demokratie auf vielfältige und kreative Weise zu nutzen weiß, um antidemokratische, rassistische, menschenfeindliche und gewalttätige Bewegungen zu stoppen. Sie muss für alle erkennbar werden lassen, dass sie durch breite, wertschätzende Kooperation Willens und in der Lage ist, eine ernste Krise der Demokratie, wie wir sie gerade jetzt in Sachsen erleben, präventiv zu verhindern. Und sie muss zeigen, dass sie notfalls auch einen friedlichen, aber dennoch klaren, zivilgesellschaftlichen Widerstand bei Vorfällen wie der abscheulichen Menschenjagd in Chemnitz aktivieren kann.

  • Wichtige Maßnahmen für Betroffene

Die Vorfälle in Chemnitz zeigen auch, dass weiterhin eine deutliche Fokussierung auf die Gruppe der Täter dominiert und sowohl die öffentliche Wahrnehmung als auch die politischen Reaktionen beherrscht. Es ist deshalb wichtig, die Öffentlichkeit für die Perspektive der Opfer zu sensibilisieren. Für die Betroffenen müssen Schutzmaßnahmen erarbeitet und gestärkt werden und es müssen große Anstrengungen für das Empowerment der Betroffenen und ihrer Gruppen unternommen werden. Es bleibt eine wichtige zivilgesellschaftliche und Institutionelle Aufgabe, Solidarisierungsprozesse mit Betroffenen von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt zu initiieren.

Hier finden Sie Beratungsstellen und Meldestellen in Baden-Württemberg, die Ihnen helfen, wenn Sie von Hate Crime betroffen sind.

Kontakt:

Werner Schulz 
Projektleiter
E-Mail: werner[.]schulz[@]tgbw[.]de

Das Projekt „kNOw HATE CRIME!“ wird gefördert aus Mitteln des Fonds für die Innere Sicherheit der Europäischen Union.