Prozessbeginn gegen rassistische Angreifer auf Eiscafe

Am morgigen Dienstag, den 05.05.2020, beginnt in Heidelberg der Prozesses um den rassistisch motivierten Angriff auf die Mitarbeiter*innen und Gäste einer Eisdiele vom 08.09.2018 in Wiesloch (Rhein-Neckar-Kreis). Besondere Brisanz hat der Fall, da einer der Angeklagten Tarifbeschäftigter der Polizei war.

Zum Zeitpunkt des Angriffes befanden sich unter den Gästen mehrere Familien, auch Kinder waren von dem Vorfall betroffen. Die meisten Betroffenen waren türkeistämmig. Bei den Angeklagten handelt es sich um sechs Männer aus der Region, teilweise seit Jahren bekannte Neonazis. Der Tatvorwurf lautet gefährliche Körperverletzung,

Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und Volksverhetzung.

„Der Vorfall stellt ein eklatantes Beispiel für die Kontinuität rechter Gewalt in Baden-Württemberg dar. Rechte Gewalt ist für viele Menschen hier ein sehr reales Problem, auch wenn die Tatmotivation häufig nicht so eindeutig erkennbar ist wie in diesem Fall“, so Heval Demirdöğen, Leiter von LEUCHTLINIE, der Fach- und Beratungsstelle für Betroffener von rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt in Baden-Württemberg. „Auch in Zeiten der Corona-Pandemie dürfen wir rechte Gewalt nicht aus den Augen verlieren“, so Demirdöğen.

Die Folgen des Angriffs wirken für die Betroffenen vielfach bis heute nach. Kayra K., die den Überfall miterlebte, formulierte es gegenüber der Beratungsstelle LEUCHTLINIE so: „Ich habe mich in Wiesloch immer zu Hause gefühlt. Der Angriff auf uns hat dieses Gefühl sehr erschüttert, aber wir sind stark und wir lassen uns von Rechten nicht den Raum nehmen.“

Das Gerichtsverfahren, das jetzt, mehr als 1,5 Jahre nach dem Vorfall, stattfindet, ist aus Sicht der Betroffenen ein wichtiger Schritt für die weitere Verarbeitung des Vorfalles. „Ich erwarte vom Prozess und der Entscheidung des Gerichts, dass klargestellt wird, dass rechte, rassistische Gewalt nicht toleriert wird und keinen Platz in unserer Gesellschaft haben darf“, formuliert Kayra K. ihre Erwartungen an den Prozess.

Das Gerichtsverfahren im Fall Wiesloch ist der erste von drei Prozessen, in denen rassistisch motivierte Überfälle in Baden-Württemberg, die überregional bekannt wurden, behandelt werden. Am 11. Mai beginnt der Prozess um einen antiziganistisch motivierten Fackelwurf in Erbach-Dellmensingen gegen eine französische Roma-Familie. Auch der Prozess um einen rassistisch motivierten Angriff auf einen Besucher einer Feier im Bürgerhaus in Ulm, bei welchem der Täter mit einer Schreckschusspistole auf das Opfer schoss, wird ab diesem Monat verhandelt.

Anmerkung: Der Fall wird ab Dienstag, den 5.5.2020 um 9:00 Uhr vor dem Amtsgericht Wiesloch verhandelt, die Verhandlung findet in den Räumlichkeiten des Landgerichts Heidelberg statt.

Werner Schulz

Referent für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
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